Wie wird COVID unsere Arbeitswelt verändern
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Hybrides flexibles Arbeiten
Die wahrscheinlich massivste Veränderung, die wir erwarten können, ist die Arbeit von zu Hause. Vor dem Ausbruch des Coronavirus hatten negative Argumente zur Qualität von Videokonferenzen und anderen Remote-Kommunikationstechnologien immer wieder diese Agenda für CTO´s und Personalverantwortliche verschieben lassen. Der verordnete Lockdown hat gezeigt, dass viele Arbeitnehmer, denen diese Option zuvor nicht gewährt wurde, erfolgreich von zu Hause arbeiten können. Ebenso wurden die Befürchtungen auf organisatorischer Ebene einer sinkenden Produktivität nicht bestätigt. In Summe gab es tatsächlich nur sehr geringe Auswirkungen. Über vierzig Prozent der Arbeitgeber erwarten, dass mehr als die Hälfte ihrer Belegschaft weiterhin regelmäßig von zu Hause aus arbeiten wird - im Vergleich zu nur 15% vor der Pandemie!
Die Nachfrage nach Homeoffice nimmt zu. Immer häufiger fragen Bewerber und Mitarbeiter, ob der Remoteanteil erhöht werden könnte. Weniger als 10% sehnen sich nach einer Rückkehr in den Büroalltag. Im Gegensatz dazu ist es sehr unwahrscheinlich, dass diejenigen, die nicht von zu Hause arbeiten, nach der Pandemie ein Homeoffice beantragen. Tatsächlich gaben 17% dieser Gruppe an, dass dies weniger wahrscheinlich ist, und nur 5% hielten dies für eher wahrscheinlich. Hier hat die Pandemie deutlich gemacht, dass bestimmte Aufgaben und Positionen auch künftig nur am Standort des Unternehmens erledigt werden können.
Homeoffice ist nicht die einzige Form des flexiblen Arbeitens und es werden auch andere nach der Pandemie populärer werden. Insbesondere die veränderte Erwartung an Gleitzeit und komprimierte Arbeitszeiten, dh. die Mitarbeiter wollen mehr Autonomie nicht nur wo, sondern auch wann sie arbeiten. Schwieriger vorherzusagen ist, wie eine Zunahme des flexiblen Arbeitens andere Aspekte der Beschäftigung und des Arbeitslebens verändern wird.
Viele Arbeitgeber sehnen sich nach mehr persönlichen Interaktionen, die zu effektiveren Arbeitsergebnissen beitragen und den nun fehlenden sozialen Kontakt. Jüngste Untersuchungen ergaben, dass 50% derjenigen, die während der Pandemie zu Hause arbeiteten, angeben, dass ihre beruflichen Netzwerke gelitten haben und die meisten Arbeitnehmer mit bereits bestehenden psychischen Erkrankungen berichten, dass diese sich verschlechtert haben. Die Auswirkungen für die Zukunft sind noch unklar. Es könnte sein, dass sich unser soziales Leben immer weniger auf unseren Arbeitsplatz konzentriert. Es ist jedoch klar, dass die Pflege von Beziehungen in virtuellen Teams mehr Aufwand erfordert als in persönlichen Teams.
Ein Anstieg von Homeoffice wird sich auch auf Arbeitsverträge auswirken. So werden in Foren immer öfter von HR-Experten Fragen zur Änderung der Vergütungsstrukturen mit der Begründung aufgeworfen, dass die Mitarbeiter nicht für ihren Pendelverkehr bezahlen müssen. Diese Kosten übersteigen in vielen Fällen die Kosten der Homeworker für zusätzliche Heizung, Infrastruktur usw. Ein Gegenargument wäre, dass Unternehmen langfristig Einsparungen bei den Büroflächenkosten erzielen könnten, die wiederum in die Personalkosten einfließen. Darüber hinaus sehen einige Arbeitgeber einen Anstieg der Remoteagenda möglicherweise als Gelegenheit, mehr Leiharbeiter zu beschäftigen, was wiederum die Gefahr der „digitalen Akkordarbeit“ birgt. Dies könnte zu prekären Arbeitsformen führen. Bei Neuverhandlungen von Gehältern oder Verträgen besteht die Gefahr, dass die ethischen und moralischen Bestandteile eines Dienstvertrages nur durch – aktuell noch fehlende - strikte gesetzliche Vorgaben gesichert bleiben. Als Beispiel wäre die Frauenquote (höhere Fürsorgeverantwortung?) oder das Vorliegen von gesundheitsbeeinträchtigenden Umständen anzuführen. Kurz gesagt, hybride Organisationen müssen ihre Arbeit laufend monitoren, um sicherzustellen, dass diese Ungleichheiten nicht wieder ansteigen.
Auswirkungen der Kurzarbeit
Das Kurzarbeitsangebot hat zumindest kurzfristig eindeutig enorme Arbeitsplatzverluste verhindert, aber mittelfristige Befürchtungen hinsichtlich der Arbeitsplatzsicherheit sind spürbar. Mitarbeiterbefragungen zeigen, dass im Juli 4 von 10 beurlaubten Arbeitnehmern dachten, es sei wahrscheinlich, dass sie in den nächsten zwölf Monaten ihren Arbeitsplatz verlieren würden (im Vergleich zu 16% derjenigen, die noch arbeiten). Mit Beendigung der Kurzarbeitsfrist werden viele, die seit Monaten mit dieser Unsicherheit leben, ihre Befürchtungen erneuern. Prognosen über die nationale Arbeitslosigkeit geben dem einen entsprechenden Nährboden.
Kurzarbeit ist eine enorme gesellschaftliche Innovation, die in den kommenden Jahren weitreichende Folgen haben wird. Arbeitnehmer legen möglicherweise aufgrund der Rezession mehr Wert auf Arbeitsplatzsicherheit, entscheiden sich für unbefristete Stellen anstelle von befristeten Arbeitsplätzen oder zeigen eine geringere Bereitschaft den Arbeitsplatz zu wechseln. Andererseits könnte die Erfahrung der Kurzarbeit viele dazu veranlasst haben, ihre Karriere und ihr Arbeitsleben neu zu bewerten. Dies wird Bemühungen um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder Entscheidungen zu einer früheren Pensionierung auslösen.
Statuserhöhung für Schlüsselkräfte?
Es gab viele Diskussionen während der Pandemie, welche Arbeit wir als Gesellschaft schätzen. Wichtige Berufe im Gesundheitswesen und im Einzelhandel werden schlecht bezahlt, doch die Arbeitnehmer speziell in diesen Berufen wurden durch die Pandemie oft als Helden gefeiert. Werden sie dadurch mehr Anerkennung in ihrer Arbeit finden? Wird eine Erhöhung des sozialen Status zu einer Erhöhung der Löhne und Arbeitsbedingungen führen? Oder bedeutet Business as usual (sobald wir es haben) eine Rückkehr zu den gleichen Status- und Lohnniveaus wie zuvor?
Die Pandemie hat Organisationen offensichtlich vor sehr unmittelbare Herausforderungen gestellt und ein Maß an Beweglichkeit gefordert, mit dem sich viele zuvor noch nicht befasst haben. Derzeit gibt es mehr Fragen als Antworten auf längerfristige Veränderungen in der Art und Dynamik des Arbeitslebens, aber es ist wichtig, dass wir sie in Betracht ziehen. Dies ist nicht die erste Krise, mit der wir konfrontiert sind und es wird immer einen Hang zum komfortablen Standard vor der Krise geben. Die Erkenntnisse nach COVID werden teilweise marktgesteuert sein, aber auch von den Grundsätzen und Werten der Arbeitgeber abhängen. Man konnte feststellen, dass das Wohlbefinden während der Pandemie auf der Tagesordnung stand und viele Organisationen haben sich daher besonders bemüht, ihre Mitarbeiter zu schützen. Ob diese Prioritäten ganz oben auf der Liste bleiben, bleibt abzuwarten, aber es ist klar, dass dies eine Gelegenheit für Organisationen und Führungskräfte ist, die Zukunft proaktiv zu gestalten, anstatt darauf zu reagieren.
Erfolgreiche Unternehmen können dies tun, indem sie einen evidenzbasierten Ansatz für ihre Entscheidungsfindung verfolgen und sich aktiv mit den Mitarbeitern beraten. Zum einen um ihre Erwartungen und Bedenken hinsichtlich künftiger Veränderungen am Arbeitsplatz zu verstehen und um die Lehren aus der COVID-Pandemie zu ziehen. Die Art und Weise, wie sie in den kommenden Monaten und Jahren reagieren und sich anpassen, wird zweifellos erhebliche Auswirkungen auf die Zukunft der Arbeit haben.